Recycling ist nicht DIE Lösung!

Recycling ist nicht DIE Lösung!

Die Produktion von Kunststoffen ist in den letzten Jahrzehnten extrem angestiegen und steigt weiter. Über 400 Millionen Tonnen jährlich sind es mittlerweile weltweit. Umgerechnet sind das 50kg pro Kopf. [Statista; The world is flooded with plastic waste]

Quelle: Statista 
https://www.statista.com/chart/32385/global-plastic-waste-production-by-application/

Fast die Hälfte dieser Produktion geht in die Verpackungsindustrie, vor allem in Einwegkunststoffe. Unter 10% der weltweiten Kunststoffproduktion kommt aus recyceltem Kunststoff. [Plastic Europe; Plastics – the fast Facts 2024]

Globale Kunststoffproduktion 2023:



[Eigene Darstellung, Quelle Daten: Plastic Europe; Plastics – the fast Facts 2024]

In Europa und auch in Deutschland sieht es nicht besser aus. Immer noch kursiert der Mythos, wir Deutschen wären Recyclingweltmeister, jedoch sind wir einer der größten pro Kopf-Verbraucher weltweit und kommen auch nur auf 16% Recyclingquote. [Plastkatlas; S.36

Unser deutscher Kunststoffmüll wird zu fast 70% verbrannt (energetisch verwertet), zu 14% verschifft (zum großen Teil nach Malaysia) und nur zu 16% recycelt. Vor allem der Export in andere Länder führt oft zu großen Problemen für die globale Umwelt, Tierwelt und für uns Menschen.

Um diese Probleme am Ende der Kette in den Griff zu bekommen liegt der größte Hebel jedoch am Anfang allen Übels: Die gigantischen Mengen der Produktion. Auch wenn Asien weltweit den meisten Kunststoff herstellt [Plastikatlas; S. 14], lässt sich jedoch feststellen, dass vor allem die einkommensstärkeren Länder am meisten Kunststoff/ Kunststoffmüll verursachen. Mit den USA and der Spitze landet auch Deutschland in den Studien immer auf den oberen Plätzen. In dieser Studie in Science Advances beziehen sich die Wissenschaftler richtigerweise auf den gesamten Kunststoffabfall und kommen auf 130kg/Kopf/Jahr für die USA und 88kg/Kopf/Jahr für Deutschland. [Plastik, Müll und Ich; S.25&26] Wir erinnern uns an die reine Produktion von 50kg/Kopf/Jahr im weltweiten Durchschnitt.

Aber was sind denn überhaupt die Probleme mit dem Kunststoffmüll?
Neben den sichtbaren Problemen wie verschmutzte Strände und Meere bedroht der Müll unsere Umwelt, Tierwelt und uns Menschen selbst. Nebenbei schwimmt nur 0,5% (0,4 Millionen Tonnen) des Kunststoffmülls auf der Meeresoberfläche, der Rest verteilt sich auf dem Meeresboden oder unter der Meeresoberfläche im offenen Meer (86 Millionen Tonnen).
 [Plastikatlas; S.29


Probleme für unsere Umwelt:

  • Mikroplastik ist zu großen Teilen in unseren Böden und im Grundwasser und enthält mitunter krankheitserregende Chemikalien.
  • Die Kette Kunststoff-Produktion, -Verarbeitung und -Entsorgung verursacht fast 5% der globalen CO2-Emissionen. 41,6 Milliarden Tonnen CO2 global, 1800 Millionen Tonnen Kunststoffkette. [Plastikatlas; S.27]
  • Bis 2050 macht die Kunststoffproduktion bei aktuellem Kurs etwa 20% des weltweiten Ölverbrauchs aus. [Europäische Umweltagentur]

Probleme für unsere Tierwelt:

  • Netze, Tüten usw. im Wasser führen zu Erdrosselungen und Erstickungen für viele Meerestiere wie Schildkröten, Wale, Delfine, Robben, uvm.
  • Größere Kunststoffteile wie Flaschendeckel werden von Seevögeln mit Nahrung verwechselt, wodurch die Vögel verhungern. Es sterben aber auch Landtiere wie Kühe, Ziegen und Schafe am Kunststoffmüll.
  • Kleinere Kunststoffteilchen bis hin zum Mikroplastik (kleiner als 5mm) wird von Fischen aufgenommen, ganz feines Mikroplastik wird sogar von Krebsen und Muscheln aufgenommen und landet in deren Organen.
  • Korallen ersticken durch Kunststoffabfälle oder werden mit Krankheitserregern infiziert. 

All die Einflüsse in der Umwelt und Tierwelt beeinflussen natürlich auch uns Menschen. Wir nehmen Kunststoffe über Nahrung, Wasser und auch durch die Luft auf, wodurch Kunststoffe bereits in sämtlichen Organen festgestellt wurden und vor allem durch Additive und unbekannte Chemikalien im Kunststoff zu Krankheiten führen können. (Der größte Teil an Mikroplastik entsteht im Übrigen durch Reifenabrieb und Lackierungen/Farben.) Zudem greift die Kunststoffproduktion zu großen Teilen auf unsere Erdölreserven zu und trägt deutlich zur globalen Erwärmung bei. 

Reduse - Reuse - Recycle

Der größte Hebel liegt in der Reduzierung der Produktion. Wir brauchen unbedingt ein globales UN-Plastikabkommen, welches die Produktion weltweit einschränkt (weltweite Verbote von Einwegkunststoffen und Produktionsgrenzen), Recycling unterstützt, Regulierung von Chemikalien und die Unterstützung von Entwicklungsländern vorsieht. Das Abkommen, welches seit 2022 verhandelt wird, wird seither immer wieder vor allem von den Erdöl-Ländern wie Saudi-Arabien, Russland und den USA blockiert, da die Kunststoffproduktion eng mit der Ölindustrie gekoppelt ist und noch stärker eingeplant wird durch die sinkende Nachfrage im Energiesektor (durch Anstieg der erneuerbaren Energien). 

Ein weiter Hebel: Plastik-/ Verpackungssteuer. Konzerne, wie Coca-Cola, Pepsi, Nestle und Unilever, welche riesige Mengen an Kunststoffverpackungen in die Welt setzen, sollten für die produzierende Plastikmenge zahlen müssen, wodurch der Umschwung auf Glas, oder sogar Mehrwegglas, Aluminium, 100%-Recyklat oder Karton attraktiver wird. Weiterhin müssen global Pfandsysteme ausgebaut werden, Mehrweg attraktiver werden und Subventionen für fossile Kunststoffe gestrichen werden.

Wie mit dem CO2-Fußabdruck versuchen die Erdöl-Konzerne und -Staaten die Schuld zum Konsumenten zu schieben. Doch das Kunststoffmüll-Problem entsteht bei den großen Plastikkonzernen wie ExxonMobil, BASF, DOW, ENI und INEOS.


Nichts desto Trotz hat auch die Konsumentenseite kleine bis mittelgroße Hebel im Petto. Wir können uns stark machen für einen Umschwung durch Proteste, Petitionen (https://act.greenpeace.de/plastik-abkommen) oder das Manifest von EXIT PLASTIK.

Des Weiteren können wir verpackungsfreie Läden unterstützen (vor allem diejenigen die es sich leisten können und Einen in der Nähe haben), auf Mehrweg umschwenken, auf ToGo verzichten oder Behälter mitnehmen (Gastros sind seit 2003 durch das Verpackungsgesetz verpflichtet, neben Mehrweg-Behälter die Speisen und Getränke auch in mitgebrachte Behälter zu füllen).


Viele Verpackungen haben eine Glasalternative, wie Joghurt, Getränke oder Brotaufstriche. Oder Karton und Aluminium z.B. bei Schokolade. Zudem sollte möglichst auf Mehrlagenverpackungen wie die meisten Aufschnittverpackungen und Tetrapacks verzichtet werden, da Diese in aller Regel nicht recyclebar sind.

Wenn es keine Kunststoffalternative gibt, sind die Verpackungen am recyclefähigsten, welche einfarbig sind und keine aufgeschweißten Folien oder schwer zu entfernbare Sticker oder Kleber aufweisen. Schwarze Verpackungen machen zudem Probleme bei den immer mehr werdenden modernen Recyclinganlagen, welche Schwarz nicht scannen können da es kaum reflektiert.

Ein großes Problem sind zudem all die Kunststofffasern in unseren Textilien. Durch den Mix mit Nicht-Kunststofffasern ist ein Recycling natürlich erschwert und viele Kunststofffasern landen zudem bei der Wäsche im Abwasser. 

Reparieren

Ein weiterer kleiner Hebel ist die Reparatur von defekten Kunststoffteilen. Noch effektiver ist natürlich ein stabileres Design am Anfang der Kette. Defekte Kunststoffprodukte können jedoch durch Kleben, Schmelzen oder durch metallische Verstärkungen repariert werden und findet vor allem eher bei Fahrzeug-, Möbel-, Bau- oder Haushaltswarenprodukten statt und weniger bei Verpackungen.

Recycling-Utopie

Bei drastischer Umsetzung der genannten Möglichkeiten entlang der Kette, wäre der Wunschgedanke nur noch den Kunststoff recyceln zu müssen, welcher sich nicht vermeiden lässt. ;)

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